18.06.13 juedische-allgemeine.de
Ungarn klagt mutmaßlichen NS-Kriegsverbrecher an
von Philipp Peyman Enge

Die ungarische Justiz hat gegen den mutmaßlichen Nazi-Kriegsverbrecher László Csatáry Anklage erhoben. Wegen des Verdachts auf 1000-fache Beihilfe zum Mord müsse der 98-Jährige sich innerhalb der nächsten drei Monate vor Gericht verantworten, teilte die Staatsanwaltschaft am Dienstag in Budapest mit.

Csatáry wird vorgeworfen, zwischen 1941 und 1944 maßgeblich an der Deportation von 15.700 Juden aus dem Ghetto Košice in Konzentrationslager der Nationalsozialisten mitgewirkt zu haben. Zudem habe er Gefangene geschlagen, gefoltert und gequält, sagte Staatsanwalt Tibor Ibolya.

GERECHTIGKEIT Das Simon-Wiesenthal-Zentrum in Jerusalem listete den 98-jährigen Csatáry als meistgesuchten Nazi-Kriegsverbrecher auf. Efraim Zuroff, Direktor des Wiesenthal-Zentrums, sagte der Jüdischen Allgemeinen zur Anklage gegen Csatáry: »Dieser Schritt zeigt, dass Gerechtigkeit für die Schoa-Opfer auch heute noch erreicht werden kann.« Für Ungarn sei die Verhaftung zudem ein Meilenstein, da das Land »bis heute seine Rolle im Zweiten Weltkrieg relativiert beziehungsweise glorifiziert«.

Efraim Zuroff hatte vor zwei Jahren László Csatárys Aufenthaltsort publik gemacht. Im Jahr darauf nahmen die ungarischen Sicherheitsbehörden den Mann in Budapest fest. Seitdem steht er unter Hausarrest.

Bereits 1948 war Csatáry wegen seiner Verbrechen in der damaligen Tschechoslowakei in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden. Er selbst hat die Anschuldigungen stets bestritten. Nachdem er im vergangenen Jahr in Ungarn festgenommen worden war, gab der 98-Jährige laut Staatsanwaltschaft bei seiner Vernehmung an, er habe als Polizeichef »nur Befehle erfüllt« und seine »Pflicht getan«. 

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