30.06.2008, 21.24 Uhr

swr.de
  "Doktor Tod" - Gericht weist Vorwürfe zurück  
 

Das Landgericht Baden-Baden hat die Kritik des Simon-Wiesenthal-Zentrums an der Fahndung nach dem mutmaßlichen österreichischen NS-Kriegsverbrecher Aribert Heim als "verleumderisch" zurückgewiesen. Die Vorwürfe seien falsch dargestellt, sagte Sprecher Heinz Heister.

Der Leiter des Wiesenthal-Büros in Jerusalem, Efraim Zuroff, hatte dem zuständigen Richter am Freitag vorgeworfen, Fahndungsmaßnahmen wie Telefonüberwachung verhindert zu haben. "Dieses Verfahren liegt uns sehr am Herzen und wird sehr intensiv betrieben", entgegnete Heister. Die Vorwürfe seien "aus dem Zusammenhang gerissen" und auch "inhaltlich nicht richtig". Das Landgericht betreibe die Verfolgung Heims mit größtem Aufwand, aber eben nur im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten. Die zuständige Strafkammer habe seit 2005 elf internationale Rechtshilfegesuche gestellt und zahlreiche Fahndungsmaßnahmen eingeleitet. Lediglich ein einziger Antrag auf Telefonüberwachung habe die "strafprozessualen Kriterien" nicht erfüllt und sei deswegen abgelehnt worden. Das Oberlandesgericht Karlsruhe habe die Entscheidung bestätigt.

Zuroff hatte erklärt, dass dem Zentrum ein österreichisches Dokument vorliege, das die Verhinderung von Fahndungsmaßnahmen durch einen Baden-Badener Richter belegt. So seien vor drei Jahren von dem Gericht "sämtliche" Anträge auf Telefonüberwachung aus dem mutmaßlichen Umfeld Heims abgelehnt worden. Zuroff beruft sich dabei auf ein Papier des österreichischen Bundeskriminalamts aus dem Jahr 2005.

Heim, der auch als "Doktor Tod" bekannt wurde, soll während des Zweiten Weltkriegs im Konzentrationslager Mauthausen bei Linz hunderte Gefangene durch Spritzen direkt ins Herz getötet haben. Er steht in der neuen Liste der zehn meistgesuchten Nazi-Kriegsverbrecher des Wiesenthal-Zentrums auf Platz Eins.

Letzter Wohnsitz Baden-Baden

Heim war 1962 vor der Vollstreckung eines Haftbefehls untergetaucht und wird, sofern er noch lebt, an diesem Samstag 94 Jahre alt. Baden-Baden war sein letzter Wohnsitz in Deutschland. Dort hatte er nach dem Krieg als Frauenarzt praktiziert.

Das Wiesenthal-Zentrum und auch deutsche Behörden wie das Landeskriminalamt in Stuttgart gehen davon aus, das Heim noch lebt. Der ehemalige SS-Arzt soll sich möglicherweise in Spanien oder Südamerika versteckt halten. Für Hinweise, die zu seiner Ergreifung führen, ist eine Belohnung von insgesamt 310.000 Euro von Behörden und Privatleuten ausgesetzt.

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