01.07.2008 02:04

suedkurier.de
  Nazi-Fahnder erheben schwere Vorwürfe  
 

Das Landgericht Baden-Baden hat die Kritik des Simon-Wiesenthal-Zentrums an der Fahndung nach dem mutmaßlichen österreichischen NS-Kriegsverbrecher Aribert Heim als "verleumderisch" zurückgewiesen. Die Vorwürfe seien "aus dem Zusammenhang gerissen und völlig falsch dargestellt", sagte Sprecher Heinz Heister. Der Leiter des Wiesenthal-Büros in Jerusalem, Efraim Zuroff, hatte dem zuständigen Richter vorgeworfen, Fahndungsmaßnahmen wie Telefonüberwachung verhindert zu haben. "Dieses Verfahren liegt uns sehr am Herzen und wird sehr intensiv betrieben", entgegnete Heister. Heim soll während des Zweiten Weltkrieges im KZ Mauthausen hunderte Gefangene durch Spritzen direkt ins Herz getötet haben. Heister sagte, die Vorwürfe aus Jerusalem gegen das Gericht seien "inhaltlich nicht richtig" und "empörend". Das Gericht habe seit 2005 elf internationale Rechtshilfegesuche gestellt und zahlreiche Fahndungsmaßnahmen eingeleitet. Nur ein Antrag auf Telefonüberwachung habe die "strafprozessualen Kriterien" nicht erfüllt und sei deswegen abgelehnt worden. Das Oberlandesgericht Karlsruhe habe die Entscheidung bestätigt. Der auch als "Doktor Tod" bekanntgewordene Heim war 1962 vor der Vollstreckung eines Haftbefehls untergetaucht und wäre - so er noch lebt - inzwischen 94 Jahre alt. Baden-Baden war Heims letzter Wohnsitz in Deutschland. Er hatte dort nach dem Krieg als Frauenarzt praktiziert.

Zuroff beruft sich auf ein Papier des österreichischen Bundeskriminalamts aus dem Jahr 2005. "Uns liegt ein österreichisches Dokument vor, das die Verhinderung von Fahndungsmaßnahmen durch einen Baden-Badener Richter belegt", sagte er. So seien vor drei Jahren vom Gericht "sämtliche" Anträge auf Telefonüberwachung aus dem mutmaßlichen Umfeld Heims abgelehnt worden. Das Wiesenthal-Zentrum und auch deutsche Behörden wie das Landeskriminalamt in Stuttgart gehen davon aus, dass Heim noch lebt. Der ehemalige SS-Arzt soll sich möglicherweise in Spanien oder Südamerika versteckt halten. Für Hinweise, die zu seiner Ergreifung führen, ist eine Belohnung von 310000 Euro von Behörden und Privatleuten ausgesetzt. Heim steht in der neuen Liste der zehn meistgesuchten Nazi-Verbrecher des Wiesenthal-Zentrums an erster Stelle.

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