21. März 2012, 16:55 Uhr spiegel.de
Demjanjuk soll in den USA bestattet werden

Die letzte Ruhe findet er in seiner Wahlheimat: Der ehemalige KZ-Wachmann John Demjanjuk soll in den Vereinigten Staaten beigesetzt werden. Jüdische Organisationen befürchten, die Beerdigung könnte zu einem Spektakel für Neonazis werden.

München - Die Vorbereitungen für die Überführung der Leiche laufen bereits: Der frühere KZ-Wächter John Demjanjuk wird in seiner Wahlheimat USA beerdigt. "Er geht zurück, das steht fest", teilte das von Demjanjuks Familie beauftragte Bestattungsunternehmen mit. Voraussichtlich Anfang der nächsten Woche soll der Leichnam nach Cleveland in Ohio geflogen werden, wo Angehörige des gebürtigen Ukrainers leben.

Das US-Generalkonsulat München teilte mit, es helfe Demjanjuks Familie. Da die USA Demjanjuk die Staatsbürgerschaft aberkannt und ihn 2009 nach Deutschland abgeschoben hatten, war zunächst unklar gewesen, ob eine Überführung möglich sein würde. Demjanjuk war zuletzt staatenlos.

Nach dem Willen der Familie wird Demjanjuk in einem Vorort von Cleveland bestattet. Jüdische Organisationen befürchten, die Beerdigung könnte zu einem Spektakel für Neonazis und das Grab zu einer Wallfahrtsstätte für sie werden. Der Nazi-Jäger Efraim Zuroff, der das Simon-Wiesenthal-Zentrum in Jerusalem leitet, sagte: "Ich habe keine Zweifel, dass eine Beerdigung (...) zu einer Demonstration der Solidarität und Unterstützung für Demjanjuk würde. Und offen gesprochen, er ist die letzte Person auf Erden, die Sympathie verdient hat."

Juristisches Tauziehen dauerte bis zuletzt an

In einer E-Mail teilte John Demjanjuk junior mit, dass er die Bedenken nicht teile. "In den vergangenen über 35 Jahren hatte unsere Familie absolut keine Verbindungen zu irgendeiner Art von neonazistischer Gruppierung."

Rabbi Marvin Hier, Gründer des Simon-Wiesenthal-Zentrums in Los Angeles, erklärte, Demjanjuk habe nicht die Statur gehabt, um das Grab zu einer Pilgerstätte für Neonazis werden zu lassen. "Er ist kein Adolf Hitler", sagte Hier. Er sei sich sicher, dass es für die Familie schwer werde, einen Friedhof für Demjanjuk zu finden.

Der 91-jährige gebürtige Ukrainer war am Samstag zehn Monate nach seiner Verurteilung als Nazi-Verbrecher und Holocaust-Helfer in einem Pflegeheim in Bad Feilnbach bei Rosenheim gestorben. Das Landgericht München hatte Demjanjuk, der den Prozess im Liegen von einem Krankenbett aus verfolgte, im Mai 2011 wegen Beihilfe zum Mord an mehr als 28.000 Juden im Vernichtungslager Sobibor zu fünf Jahren Haft verurteilt. Das Urteil wurde nicht rechtskräftig, Staatsanwaltschaft und Verteidigung legten Revision ein.

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