22.11.2010 spiegel.de
Mutmaßlicher NS-Kriegsverbrecher Samuel Kunz verstorben

Der ehemalige KZ-Wachmann Samuel Kunz ist kurz vor seinem Prozess gestorben. Der 89-Jährige soll Beihilfe zum Mord an 430.000 Menschen geleistet haben, er stand an dritter Stelle der meistgesuchten Nazi-Kriegsverbrecher weltweit. Juristisch belangt werden konnte er nicht.

Bonn - Er starb, kurz bevor er sich vor Gericht hätte verantworten müssen. Der mutmaßliche NS-Verbrecher Samuel Kunz ist laut dem Landgericht Bonn am Donnerstag gestorben. Es liege eine Sterbeurkunde vor, das Verfahren gegen den 89-Jährigen werde eingestellt, sagte ein Sprecher. Nazi-Jäger Efraim Zuroff erklärte, es sei "unglaublich frustrierend", dass Kunz noch vor Prozessbeginn verstorben sei.

Dem ehemaligen Wachmann des Vernichtungslagers Belzec wurde Mord in zehn Fällen und Beihilfe zum Mord in mindestens 430.000 Fällen vorgeworfen. Von Januar 1942 bis Juli 1943 soll er im damals besetzten Polen eingesetzt worden sein. Kunz stand an dritter Stelle der meistgesuchten NS-Kriegsverbrecher und hatte in mehreren Vernehmungen seine SS-Vergangenheit zugegeben, Einzelerschießungen jedoch bestritten.

Der Wolgadeutsche lebte zuletzt im Rhein-Sieg-Kreis bei Bonn. Bis zu seinem Ruhestand hatte er als Handwerker im Bundesbauministerium in Bonn gearbeitet. Die Untersuchungen gegen Kunz waren durch den Prozess gegen den mutmaßlichen NS-Verbrecher John Demjanjuk in München bedingt.

Ursprünglich hätte das Verfahren gegen Kunz schon in diesem Herbst in Bonn eröffnet werden sollen. Der Termin verzögerte sich aber, da das Bonner Gericht zusätzliche Rechercheanfragen an die Zentralstelle zur Aufarbeitung von NS-Kriegsverbrechen in Dortmund gestellt hatte.

Der Leiter der Behörde, Staatsanwalt Andreas Brendel, sagte der "Bild"-Zeitung: "Im Hinblick auf die Opfer hätte ich den Prozess gerne geführt. Es wäre eine gute Chance gewesen, die Massaker an der jüdischen Bevölkerung in den Vernichtungslagern, insbesondere in Belzec, aufzuarbeiten."

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