13.04.2010
neues-deutschland.de
Wiesenthal-Zentrum lobt deutsche Justiz

Neue Liste meistgesuchter NS-Kriegsverbrecher

Jerusalem (AFP/dpa/ND). Der Leiter des Zentrums, Efraim Zuroff, sagte der »Frankfurter Rundschau«, bis vor zwei Jahren hätten die deutschen Strafverfolgungsbehörden an einem »deutlichen Mangel an Enthusiasmus« gelitten. Seitdem gebe es eine gewisse Veränderung, selbst die Initiative zu ergreifen. In München muss sich derzeit der mutmaßliche NS-Kriegsverbrecher John Demjanjuk vor Gericht verantworten. Im März hatte das Landgericht Aachen den früheren SS-Mann Heinrich Boere zu lebenslanger Haft verurteilt.


Das Simon-Wiesenthal-Zentrum veröffentlichte am Montag eine neue Liste der zehn meistgesuchten Nazi-Kriegsverbrecher:


1) Erstmals steht der ehemalige ungarische Polizeioffizier Sandor Kepiro (heute 95) an erster Stelle. Er wird beschuldigt, im Januar 1942 im serbischen Novi Sad an der Ermordung von über 1200 Zivilisten teilgenommen zu haben.


2) Milivoj Asner (Österreich) – Der jetzt 96-jährige ehemalige Polizeichef in Kroatien soll aktiv an Verfolgung und Deportation Hunderter Serben, Juden sowie Sinti und Roma beteiligt gewesen sein.


3) Samuel Kunz (Deutschland) wird der Teilnahme am Massenmord an Juden im deutschen Vernichtungslager Belzec im damals besetzten Polen beschuldigt.


4) Adolf Storms (Deutschland) – Der ehemalige SS-Unteroffizier soll im März 1945 am Mord an 58 jüdischen Zwangsarbeitern im Dorf Deutsch Schützen in Österreich beteiligt gewesen sein.


5) Klaas Carl Faber (Deutschland) wurde in den Niederlanden für den Tod von Gefangenen im Transitlager Westerbork und im Gefängnis von Groningen 1944 zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde 1948 in lebenslange Haft umgewandelt. Flucht aus dem Gefängnis 1952.


6) Karoly (Charles) Zentai (Australien) nahm 1944 an der Verfolgung und dem Mord an Juden in Budapest teil. Ungarn hat 2005 die Auslieferung beantragt. Zentais letzter Einspruch wird derzeit vor Gericht in Perth verhandelt.


7) Soeren Kam (Deutschland), ehemaliges SS-Mitglied, wird beschuldigt, für den Tod eines dänischen Journalisten verantwortlich zu sein. Kam soll das Einwohnerverzeichnis der jüdischen Gemeinde in Dänemark gestohlen und damit die Deportation von dänischen Juden in deutsche Konzentrationslager ermöglicht haben. Dänemark hat 1999 die Ausweisung beantragt.


8) Peter Egner (USA), ehemaliges Mitglied der von den Nazis kontrollierten Sicherheitspolizei im serbischen Belgrad. Von April 1941 bis September 1943 soll er an der Tötung von 17 444 Juden, Kommunisten sowie Sinti und Roma beteiligt gewesen sein. Serbien hat Egners Ausweisung beantragt.


9) Algimantas Dalide (Deutschland) nahm Juden fest, die später von den Nazis und litauischen Kollaborateuren getötet wurden. Von den USA ausgeliefert und in Litauen verurteilt. Musste aber seine Haftstrafe aus »Alters- und Gesundheitsgründen« nicht antreten.


10) Michail Gorschkow (Estland) arbeitete als Dolmetscher für die Gestapo in Weißrussland und soll an der Ermordung von Juden in Sluzk beteiligt gewesen sein.


In einer Sonderkategorie sucht das Wiesenthal-Zentrum weiterhin nach den Nazi-Kriegsverbrechern Alois Brunner (98, Syrien), der noch am Leben sein könnte, und Aribert Heim, der 1992 im Alter von 78 Jahren in Kairo gestorben sein soll, was das Zentrum allerdings bezweifelt.

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