12.04.2010
tagesschau.de
Deutschland für Umgang mit NS-Verbrechern gelobt

In seinem neuen Jahresbericht hat das Simon-Wiesenthal-Zentrum erstmals Deutschland die Note "sehr gut" für die strafrechtliche Verfolgung von NS-Verbrechern ausgestellt. "Es gibt eine monumentale und höchst bedeutsame Veränderung in der deutschen Anklagepolitik", sagte Efraim Zuroff, der Leiter des Jerusalemer Zentrums. Mit Deutschland habe erstmals ein zweites Land gemeinsam mit den Vereinigten Staaten die Bestnote erhalten. Österreich bekam dagegen wegen "minimaler Anstrengungen bei der Untersuchung von Nazi-Kriegsverbrechen" nur ein "ausreichend".

Deutschland klagt nun auch Nicht-Deutsche NS-Verbrecher an
" Deutschland ist nicht perfekt, ab es tut viel mehr als es im vergangenen Jahrzehnt getan hat", sagte er. "John Demjanjuk wurde in München vor Gericht gestellt." Deutschland sei jetzt auch bereit, Nicht-Deutsche strafrechtlich zu verfolgen, was in der Vergangenheit nicht der Fall gewesen sei. Nun würden auch Personen unterhalb des Offiziers-Dienstgrades angeklagt. "Das eröffnet ein gewaltiges Potenzial für neue Gerichtsfälle", sagte Zuroff.

In dem Bericht heißt es, dass seit Januar 2001 weltweit 77 mutmaßliche Nazi-Verbrecher angeklagt wurden. Nicht das hohe Alter sei die größte Hürde für eine Strafverfolgung, sondern in vielen Fällen der mangelnde politische Willen.

Das Simon-Wiesenthal-Zentrum:
Das Simon-Wiesenthal-Zentrum ist mit der weltweiten Suche nach untergetauchten Nazi-Verbrechern und Kollaborateuren bekannt geworden. Die 1977 gegründete Menschenrechtsorganisation hat ihren Hauptsitz in Los Angeles. Das Zentrum ist nach dem österreichischen Juden Simon Wiesenthal (1908 bis 2005) benannt, der viele Angehörige während des Holocaust verloren und deshalb nach dem Zweiten Weltkrieg weltweit nach Nazi-Tätern geforscht hatte. Das Wiesenthal-Zentrum kämpft aber auch weltweit gegen Rassismus, Anti-Semitismus, Terrorismus und Völkermord.

Liste der meistgesuchten NS-Verbrecher
Neben dem Jahresbericht stellte das Simon-Wiesenthal-Zentrum auch eine neue Liste mit den zehn meistgesuchten Nazi-Kriegsverbrecher vor. Erstmals steht darauf der 95 Jahre alte Sandor Kepiro an erster Stelle. Der ehemalige ungarische Polizeioffizier soll an der Ermordung von mehr als 1200 Zivilisten im Januar 1942 im serbischen Novi Sad beteiligt gewesen sein.

Neu auf der Liste sind die beiden Deutschen Samuel Kunz und Adolf Storms, an dritter und vierter Stelle. Kunz soll am Massenmord an Juden im ehemaligen deutschen Vernichtungslager Belzec im damals besetzten Polen beteiligt gewesen sein. Das ehemalige SS-Mitglied Storms wird verdächtigt, an der Tötung von 58 jüdischen Zwangsarbeitern im März 1945 im österreichischen Dorf Deutsch Schützen teilgenommen zu haben.

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