27.11.2009 stuttgarter-zeitung.de
KZ Echterdingen: Ermittlungen sind eingestellt
Artikel aus der STUTTGARTER ZEITUNG
Von Thomas Faltin

Der Tod von insgesamt 119 jüdischen Häftlingen des KZ-Außenlagers Echterdingen bleibt ungesühnt. Von November 1944 bis Januar 1945 hatten 600 Männer aus 17 Nationen am Flughafen in einem Steinbruch schuften und Straßen anlegen müssen; 119 von ihnen starben an Kälte, Krankheit und Hunger. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hatte im September 2005 Ermittlungen gegen unbekannt aufgenommen, als bei Bauarbeiten 34 Skelette entdeckt worden waren. Gestern nun hat die Behörde das Verfahren eingestellt.

Diese Einstellung kommt nicht überraschend. Denn es hatte sich bereits wenige Wochen nach dem Fund abgezeichnet, dass in doppelter Hinsicht keine Ergebnisse zu erzielen sein würden. Erstens sind Verbrechen der Nazizeit mit Ausnahme von Mord verjährt. Die Zeugenaussagen von vier Überlebenden des KZ-Außenlagers Echterdingen und auch schriftliche Quellen hatten aber keine Hinweise auf Ermordungen erbracht. Auch an den Skeletten war keine direkte Gewalteinwirkung zu erkennen. "Woran die Menschen gestorben sind, ließ sich nicht eindeutig klären", so die Pressestaatsanwältin Claudia Krauth gestern.

Zweitens konnte die Staatsanwaltschaft keine Wachsoldaten mehr ausfindig machen. Der Leiter des Lagers ist 2003 verstorben. Er war der einzige SS-Angehörige des Lagers und hatte sich in der Nachkriegszeit wegen seiner Tätigkeit in zwei anderen Lagern sieben Jahre in französischer Haft befunden. Die Wachsoldaten waren vom nahen Fliegerhorst gestellt worden und wechselten häufig - ihre Namen sind in keiner Quelle verzeichnet. Krauth: "Insbesondere diejenigen, die für die Verschleppung der Häftlinge nach Echterdingen, für die unzureichende Versorgung und für die ungenügende ärztliche Betreuung verantwortlich waren, konnten nicht ermittelt werden."

Die Namen aller 600 Häftlinge sind seit 2005 bekannt; nicht geklärt werden konnte allerdings, wer von diesen 600 im Massengrab am Flughafen liegt. Genauere Untersuchungen und DNA-Tests waren damals auf Wunsch jüdischer Organisationen unterblieben. In historischer Hinsicht könnten die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft dennoch von großer Bedeutung sein. Bisher blieben die Akten jedoch für die Geschichtswerkstatt in Filderstadt und Leinfelden-Echterdingen verschlossen.

Seit dem Fund im Jahr 2005 ist die Geschichte des KZ-Außenlagers Echterdingen neu aufgearbeitet worden. Eine Stiftung wurde gegründet, ein Buch ist erschienen - und im Mai 2010 wird eine Gedenkstätte am US-Airfield eröffnet

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