24. November 2009 net-tribune.de
Die meisten SS-Männer von Sobibor kamen glimpflich davon

Aber das Oberlandesgericht Hamm sah das ganz anders und verpflichtete die Hagener Richter, den zwölf Männern wegen Sobibor den Prozess zu machen. Einer von ihnen war Kurt Bolender, Chef der rund 100 Trawniki-Wachleute in dem Vernichtungslager und damit wahrscheinlich der direkte Vorgesetzte des jetzt in München angeklagten John Demjanjuk. Der frühere Hotelportier und SS-Oberscharführer Bolender war nach dem Krieg für tot erklärt worden und hatte sich eine neue Identität verschafft. Wenige Wochen nach Prozessbeginn erhängte er sich in der Zelle.

Der SS-Oberscharführer Karl Frenzel bekam lebenslänglich, weil er «befohlene Verbrechen ohne innere Hemmungen nicht nur ausführte, sondern hierbei noch einverständlichen Eifer zeigte und dabei sogar über das ihm Anbefohlene hinausgeht, weil er Gefallen an dieser verbrecherischen Tätigkeit findet», wie die Richter feststellten. Sechs Juden habe der frühere Schreiner und Hadamar-Angestellte in Sobibor eigenhändig ermordet.

Die anderen Angeklagten kamen glimpflich davon. Wegen Beihilfe zum Massenmord wurden fünf von ihnen zu Haftstrafen von drei bis acht Jahren verurteilt. Die übrigen fünf wurden wegen Befehlsnotstands freigesprochen. «Da die Lagermorde juristisch als staatliche Auftragsmorde klassifiziert worden waren, hatten die Gerichte für eine Verurteilung wegen gemeinschaftlichen Mords den subjektiven Täterwillen nachzuweisen», erklärte Berger.

Ein Haupttäter immerhin wurde doch noch zur Rechenschaft gezogen: Der ehemalige Lagerkommandant von Sobibor und Treblinka, Franz Stangl. Der einstige Polizist und SS-Offizier war nach dem Krieg untergetaucht, als wegen der Euthanasie-Morde in Österreich gegen ihn ermittelt wurde. Stangl wurde schließlich in Brasilien aufgespürt und 1970 in Düsseldorf zu lebenslanger Haft verurteilt. Er starb ein Jahr später im Gefängnis.

Aber nach diesen beiden Urteilen geschah lange nichts mehr. Erst ein Jahrzehnt später, nach der Gründung der Zentralen Stelle zur Verfolgung von NS-Verbrechen in Ludwigsburg, begann die Justiz in der Bundesrepublik systematisch zu ermitteln.

Insgesamt rund 120 Deutsche und Österreicher waren in den drei Vernichtungslagern Sobibor, Belzec und Treblinka eingesetzt, wie die Historikerin Sara Berger in einem Beitrag für das Fritz-Bauer-Institut in Frankfurt schrieb. Von 1942 bis zur Auflösung der Lager im Herbst 1943 hätten sie dort annähernd 1,5 Millionen Juden umgebracht.

«Bis 1949 waren soweit bekannt mindestens 46 der über 120 namentlich bekannten Täter gestorben oder für tot erklärt worden», schreibt Berger. Einige waren schon beim Häftlingsaufstand im Oktober 1944 umgekommen, andere wie der erste Lagerleiter Christian Wirth waren später an der Front gefallen. Der Erbauer von Sobibor, Richard Thomalla, wurde in der CSSR hingerichtet, der Lagerarzt Irmfried Eberl hatte sich nach seiner Verhaftung das Leben genommen. Ein weiteres Drittel war nicht auffindbar. Und 27 wurden letztlich vor Gericht gestellt - alle in Westdeutschland, keiner in der DDR und Österreich.

Der erste große Sobibor-Prozess gegen zwölf Angeklagte begann im September 1965 vor dem Landgericht Hagen. Eigentlich wollte dieses fünf Anklagen gar nicht zulassen. Diese Männer hatten sich nämlich eben erst im Belzec-Verfahren beim Landgericht München erfolgreich auf Befehlsnotstand berufen - die dortige Kammer hatte die Anklagen wegen Beihilfe zum Massenmord abgelehnt. Sie hätten im Bewusstsein gehandelt, «sich in einer völlig ausweglosen Zwangslage zu befinden und nichts anderes tun zu können, als den ihnen erteilten Befehlen zu gehorchen».

Aber das Oberlandesgericht Hamm sah das ganz anders und verpflichtete die Hagener Richter, den zwölf Männern wegen Sobibor den Prozess zu machen. Einer von ihnen war Kurt Bolender, Chef der rund 100 Trawniki-Wachleute in dem Vernichtungslager und damit wahrscheinlich der direkte Vorgesetzte des jetzt in München angeklagten John Demjanjuk. Der frühere Hotelportier und SS-Oberscharführer Bolender war nach dem Krieg für tot erklärt worden und hatte sich eine neue Identität verschafft. Wenige Wochen nach Prozessbeginn erhängte er sich in der Zelle.

Der SS-Oberscharführer Karl Frenzel bekam lebenslänglich, weil er «befohlene Verbrechen ohne innere Hemmungen nicht nur ausführte, sondern hierbei noch einverständlichen Eifer zeigte und dabei sogar über das ihm Anbefohlene hinausgeht, weil er Gefallen an dieser verbrecherischen Tätigkeit findet», wie die Richter feststellten. Sechs Juden habe der frühere Schreiner und Hadamar-Angestellte in Sobibor eigenhändig ermordet.

Die anderen Angeklagten kamen glimpflich davon. Wegen Beihilfe zum Massenmord wurden fünf von ihnen zu Haftstrafen von drei bis acht Jahren verurteilt. Die übrigen fünf wurden wegen Befehlsnotstands freigesprochen. «Da die Lagermorde juristisch als staatliche Auftragsmorde klassifiziert worden waren, hatten die Gerichte für eine Verurteilung wegen gemeinschaftlichen Mords den subjektiven Täterwillen nachzuweisen», erklärte Berger.

Ein Haupttäter immerhin wurde doch noch zur Rechenschaft gezogen: Der ehemalige Lagerkommandant von Sobibor und Treblinka, Franz Stangl. Der einstige Polizist und SS-Offizier war nach dem Krieg untergetaucht, als wegen der Euthanasie-Morde in Österreich gegen ihn ermittelt wurde. Stangl wurde schließlich in Brasilien aufgespürt und 1970 in Düsseldorf zu lebenslanger Haft verurteilt. Er starb ein Jahr später im Gefängnis.

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