03.07.2009 | 12:09 Uhr
presseportal.de
ZDF: Auswärtiges Amt kaum aktiv im Fall des KZ-Arztes Aribert Heim
Nazi-Jäger fordert "jede Anstrengung" von der Bundesregierung

Mainz (ots) - Das Auswärtige Amt zeigt wenig Einsatz bei der Aufklärung im Fall des meistgesuchten Nazi-Verbrechers Aribert Heim. Das berichtet das ZDF "heute-journal" in seiner Ausgabe am Freitagabend. Nach Angaben des Senders hat das Bundesaußenministerium lediglich zwei Auskunftsersuchen an die zentrale Einwanderungsbehörde in Kairo geschickt. Der erste Brief ist auf den 18. Februar datiert, zwei Wochen nach der Enthüllung des Zufluchtsortes von Aribert Heim durch gemeinsame Recherchen von ZDF und New York Times. Ein zweites Schreiben folgte am 29. April. Beide Briefe sind bisher unbeantwortet.

Nach Auskunft des Ministeriums haben sich bisher weder der deutsche Botschafter in Kairo noch Amtschef Frank-Walter Steinmeier mit der Bitte um Aufklärung an die ägyptische Regierung gewandt. Der Chefermittler des Simon-Wiesenthal-Centers fordert von der Bundesregierung mehr Einsatz. "Es sollte eine Priorität der deutschen Regierung sein", so Ephraim Zuroff im ZDF. "Jede Anstrengung muss von der deutschen Regierung unternommen werden, um die Unterstützung der ägyptischen zu bekommen."

Zuroff ist mittlerweile davon überzeugt, dass Aribert Heim über Jahrzehnte in Kairo gelebt hat, seinen angeblichen Tod hält er aber weiter für nicht bewiesen: "Keiner zweifelt, dass er in Ägypten war. Die Dokumente belegen das und wir akzeptieren es. Die Frage ist, ob er wirklich dort starb. Und in dieser Frage gibt es bisher nur Indizien."

New York Times und ZDF hatten Anfang Februar berichtet, dass der ehemalige SS-Arzt Heim kurz nach seiner Flucht aus Deutschland 1962 in der ägyptischen Hauptstadt Zuflucht fand. Über Jahrzehnte lebte er mit dem nur leicht abgewandelten Namen Ferdinand Heim in Kairo, bevor er Anfang der 80er Jahre zum Islam konvertierte und den Namen Tarik Hussein Farid annahm. Später erkrankte Heim an Darmkrebs. Nach Aussagen von Augenzeugen starb er am 10. August 1992 in einem Hotelzimmer im Zentrum der Millionenmetropole.

Einen Teil dieser Recherche bestätigt jetzt offiziell auch das Landeskriminalamt Baden-Württemberg. Die Ermittler dort hatten in den vergangenen Monaten eine Aktentasche von Aribert Heim analysiert, auf die das ZDF bei den Recherchen gestoßen war. Sie war mit hunderten von Dokumenten gefüllt. "Aufgrund der vorläufigen Ergebnisse der Untersuchungen," so der LKA-Ermittler Joachim Schäck, "kann man sagen, dass Aribert Heim wahrscheinlich einen sehr langen Zeitraum nach seiner Flucht aus Deutschland in Kairo beziehungsweise in Ägypten gelebt hat."

Soviel Beweismaterial im Fall Heim wie jetzt hatten die Ermittler, die für die Suche nach dem Nazi-Arzt zuständig sind, noch nie. Der Staub von der Aktentasche, so zeigt die Analyse, stammt mit höchster Wahrscheinlichkeit aus Nordafrika. Die Dokumente sind nach Inhalt und Form authentisch. Noch ist die Untersuchung nicht abgeschlossen, aber die Briefe, Kontoauszüge und amtlichen Schriftstücke dokumentieren das Leben Aribert Heims in Kairo. Verwertbare Fingerspuren von ihm haben die Experten noch nicht gefunden. Sie erhoffen sich nun Zugang zu den Augenzeugen, die ZDF und New York Times den Tod von Aribert Heim bestätigt hatten. "Wir nehmen die Zeugenaussagen sehr ernst", so Schäck, "allerdings wäre es für uns wichtig, förmliche Vernehmungen durchführen zu lassen durch die ägyptischen Behörden."

Nach ZDF-Informationen haben solche Vernehmungen bereits stattgefunden. Obwohl das LKA wiederholt um eine Einreiseerlaubnis für seine Ermittler bat, waren die ägyptischen Behörden bisher zu einer Zusammenarbeit nicht bereit.

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