11.06.2009 um 17:56:02 Uhr
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Gabelstabler gegen Gedenken
VON JOACHIM TORNAU

Der Nazi-Jäger fand deutliche Worte. "Es ist eine Schande", sagte Efraim Zuroff, Direktor des Simon Wiesenthal- Centers in Jerusalem, der FR. Und es werfe ein "sehr schlechtes Licht" auf den Alpenkurort Mittenwald, dass es dort immer noch kein Mahnmal für die Opfer der Wehrmachts-Gebirgstruppe gibt. Wohl aber gleich mehrere Denkmäler zu Ehren der gefallenen Soldaten - und sogar eines für den Maulesel, der den Gebirgssoldaten als Tragtier dient.

Am monumentalen Ehrenmal auf dem Hohen Brendten treffen sich alljährlich Gebirgsjäger aus Wehrmacht und Bundeswehr, um ihrer Kameraden zu gedenken - den Massakern der NS-Gebirgstruppe zum Trotz. Eine Gedenkkapelle mitten im Ort schmücken Fotos der Gefallenen - Kriegsverbrecher in Hakenkreuzuniformen inklusive.

"Wir dürfen nicht schweigen, wenn Mörder geehrt werden", sagte Zuroff. Die Proteste gegen den oberbayrischen Umgang mit der NS-Vergangenheit unterstütze er daher völlig. Zu Pfingsten hatte die Initiative "Angreifbare Traditionspflege" ein Mahnmal auf dem Bahnhofsvorplatz errichtet. Die Stele mit Steinen aus den Ruinen des italienischen Dorfes Falzano di Cortona, das deutsche Gebirgsjäger am 27. Juni 1944 zerstörten, erinnerte an die von der Nazi-Gebirgstruppe ermordeten Zivilisten und deportierten Juden.

Die meisten Mittenwalder mochten das Geschenk nicht, einige nannten es "Schandmal". Fünf Tage stand das Denkmal, dann ließ es die Gemeinde per Gabelstapler abtransportieren: Es sei eine "Besitzstörung", weil unerlaubt aufgestellt, es könnte bei Föhn oder durch spielende Kinder umfallen und sei außerdem dem Wochenmarkt im Weg. Es musste also weg. Inhaltlich, sagte Vize-Bürgermeister Georg Gschwendtner (CSU) der FR, hätte er mit dem Text auf der Stele leben können. Andererseits brauche seine Gemeinde so etwas überhaupt nicht. Er wolle aber mit den Initiatoren bald verhandeln.

Die Initiative "Angreifbare Traditionspflege" macht sich allerdings keine allzu große Hoffnungen. Das Angebot, sagte Sprecher Lars Reissmann, "soll den Affront gegen die NS-Opfer und Überlebenden wohl weniger drastisch erscheinen lassen".

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