03.04.2009
spiegel.de
US-Gericht setzt Abschiebung von mutmaßlichem KZ-Wächter Demjanjuk aus
Von Cordula Meyer, Cleveland

Aufschub für den 89-jährigen John Demjanjuk: Das oberste US-Einwanderungsgericht hat die für Sonntag vorgesehene Abschiebung des mutmaßlichen KZ-Wächters nach Deutschland ausgesetzt. Er soll wegen Beihilfe zum Mord in München vor Gericht gestellt werden.

Demjanjuk sollte am Montag in München ankommen. Die dortige Staatsanwaltschaft hatte am 10. März 2009 wegen Beihilfe zum Mord an mindestens 29.000 KZ-Insassen Haftbefehl gegen ihn erlassen.

Die für Sonntag angesetzte Abschiebung des mutmaßlichen KZ-Wächters ist nun jedoch ausgesetzt. Am Freitagabend gab das Einwanderungsgericht in Washington einem entsprechenden Eilantrag von Demjanjuks Anwalt John Broadley statt. "Nach der Berücksichtigung der Eingaben des Antragsgegners und des Ministeriums für Heimatschutz", entschied das oberste US-Einwanderungsgericht in Arlington, die Abschiebung vorübergehend zu stoppen.

Das Einwanderungsgericht gewinnt dadurch Zeit zu entscheiden, ob es den Fall noch einmal neu eröffnet oder nicht. Demjanjuk war 2003 die US-Staatsbürgerschaft aberkannt worden, sein letzter Revisionsantrag vor dem Supreme Court wurde im Mai 2008 zurückgewiesen. Seitdem ist er staatenlos. Die Staatsanwaltschaft München hatte vor drei Wochen einen Haftbefehl für ihn ausgestellt, in dem sie ihm Beihilfe zum Mord in 29000 Fällen vorwarf, dadurch machte sie den Weg für seine Auslieferung frei.

Demjanjuk leidet an Vorform von Blutkrebs

Demjanjuks Familie hatte ihren Eilantrag mit dem schlechten Gesundheitszustand des 89-Jährigen begründet. Er ist an einer Vorform von Blutkrebs erkrankt und leidet unter einer chronischen Nierenkrankheit. Gestern hatte ihn zum ersten Mal ein US-Amtsarzt der Einwanderungsbehörde untersucht, der feststellen sollte, ob Demjanjuk einen Flug aus seinem Wohnort Cleveland nach München überhaupt überstehen würde.

Demjanjuks Verteidiger Broadley begrüßte die Entscheidung. "Das ist ein Erfolg", sagte er. Die Familie des 89-Jährigen fühlt sich in ihren Einwänden bestätigt "Ich bin dankbar, dass der Richter erkannt hat, dass es hier um Dinge geht, die noch einmal nachgeprüft werden müssen", sagte Demjanjuks Sohn John Jr. dem SPIEGEL. Er sei zuversichtlich, dass Einwanderungsrichter erkennen werde, "dass es einfach falsch wäre, meinen Vater nach Deutschland zu schicken".

In den Anträgen hatte Demjanjuk argumentiert, es käme "Folter" gleich, einen so kranken Mann einem Prozess auszusetzen.

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