18.03.2009, 17:57 Uhr bazonline.ch
Nazi-Scherge Heim: Simon-Wiesenthal-Zentrum klagt für Klarheit

Auf der Suche nach dem Nazi-Verbrecher Aribert Heim hat das Simon-Wiesenthal-Zentrum die Berliner Staatsanwaltschaft eingeschaltet, um Gewissheit über dessen Verbleib zu bekommen.

Die Organisation stellte heute Strafanzeige bei der Behörde. Damit soll geklärt werden, ob Anwälte des früheren SS-Arztes vor Gericht die Unwahrheit über das Schicksal Heims sagten. Heims Sohn Rüdiger hatte im vergangenen Februar behauptet, dass sein Vater bereits 1992 in Kairo gestorben sei, wo er jahrzehntelang unter falschem Namen gelebt habe.

Doch nach Darstellung des Wiesenthal-Zentrums gaben Heims Anwälte noch vor kurzem vor Gericht an, sie stünden in regelmässigem Kontakt mit dem Gesuchten. Der Wiesenthal-Ermittler Efraim Zuroff sagte dazu, entweder habe die Verteidigung falsch ausgesagt oder Rüdiger Heim habe gelogen.

Anwälte bestreiten die Behauptungen

Heims Anwälte in Berlin und Frankfurt am Main wiesen die Darstellung zurück. Der Berliner Jurist Michael Hoepfner sagte, er habe vor Gericht lediglich argumentiert, dass eine Person so lange als lebend gelte, bis sie für tot erklärt werde. Auch Heims Bevollmächtigter Fritz Steinacker widersprach der Darstellung: «Das ist völlig falsch. Ich habe keinen Kontakt mit Herrn Heim gehabt», sagte der Frankfurter Anwalt.

Der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, Michael Grunwald, konnte den Eingang der Anzeige heute noch nicht bestätigen. Es kann demnach einige Zeit dauern, bis entschieden wird, ob genügend Beweise für ein Ermittlungsverfahren vorliegen.

Streit um eine Million Euro

Zuletzt war im Februar Bewegung in den Fall gekommen, als das ZDF und die «New York Times» Dokumente veröffentlichten, nach denen Heim im Jahr 1992 tatsächlich in Ägypten an Krebs starb. Das Material wird derzeit von der Polizei in Baden-Württemberg untersucht.

Bei dem langwierigen Rechtsstreit in Deutschland geht es nach Mitteilung des Wiesenthal-Zentrums um eine Million Euro von Heim, die auf einem Berliner Bankkonto liegen. Hoepfner bestätigte nur, dass es sich um eine siebenstellige Summe handele. Die Gerichte müssen sich mit der Frage beschäftigen, ob auf die Zinsen Steuern fällig sind. Wann der Streit gelöst wird, ist offen.

Seit 1962 auf der Flucht

Aribert Heim, geboren am 28. Juni 1914, war ein Arzt und Mitglied der SA und der SS. Er steht auf der Liste der meistgesuchten Kriegsverbrecher aus der Zeit des Nationalsozialismus des Simon-Wiesenthal-Zentrums an erster Stelle.

Als Lagerarzt im Konzentrationslager Mauthausen soll er viele Häftlinge ermordet zu haben; von Zeitzeugen wurde er auch als «Dr. Tod» und «Schlächter von Mauthausen» bezeichnet. Seit 1962 war er flüchtig und wurde mit einem internationalem Haftbefehl gesucht. (raa/ap)

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