15. März 2009, 09:09 Uhr spiegel.de
Berlin nennt Bedingungen für Überstellung Demjanjuks
NS-Kriegsverbrecher

Die Bundesregierung stellt nach SPIEGEL-Informationen Bedingungen für eine baldige Abschiebung des mutmaßlichen KZ-Aufsehers John Iwan Demjanjuk, der in den USA lebt: Der 88-Jährige solle per Linienmaschine nach Deutschland gebracht werden - und benötige dafür einen Ausweis.

Experten des Auswärtigen Amts, des Innen- und des Justizministeriums waren sich bei einem Treffen am vergangenen Freitag darüber einig, dass Demjanjuk nur in einer Linienmaschine nach Deutschland gebracht werden solle, nicht mit einem militärischen Transportflugzeug.

Als Zielflughafen wurde München bestimmt, ein Arzt und ein Polizist müssten mitfliegen. Für die Reise benötige der staatenlose Demjanjuk ein Dokument, das ihn identifizierbar mache.

Eine Abschiebung Demjanjuks nach Deutschland könnte unmittelbar bevorstehen: Am vergangenen Mittwoch hat das Amtsgericht München Haftbefehl gegen Demjanjuk erlassen.

Deutsche Ermittler werfen ihm vor, 1943 als Wachmann im NS-Vernichtungslager Sobibór Beihilfe zum Mord an mindestens 29.000 Personen jüdischen Glaubens geleistet zu haben.

Sobald Demjanjuk in Deutschland eintreffe, sei beabsichtigt, ihn als Beschuldigten zu vernehmen und voraussichtlich anschließend Anklage zu erheben.

Einem baldigen Prozess gegen Demjanjuk könnte dessen Gesundheitszustand entgegenstehen. Nach Angaben seines Sohnes und seines amerikanischen Anwalts leidet Demjanjuk an Myelodysplasie, einer Vorform von Leukämie. Sein Vater liege zwar aufgrund guter medizinischer Versorgung "im Moment nicht auf dem Sterbebett", sagte Demjanjuks Sohn John Jr. dem SPIEGEL. Das würde sich aber ändern "wenn er in einer Gefängniszelle sitzt".

Ein US-amerikanischer Amtsarzt muss darüber entscheiden, ob Demjanjuk transportfähig ist.

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