Frankfurt (RPO).
Tausende Menschen soll er im KZ Sobibor in die Gaskammern
getrieben haben. Fünf Jahre lang saß er in Israel
in der Todeszelle – dann kam er frei. Jetzt rechnet
der 88-jährige Iwan Demjanjuk täglich mit seiner
Abschiebung aus den USA nach Deutschland, wo ihm der Prozess
gemacht werden soll. Aber der Ukrainer wehrt sich. Angeblich
ist er zu krank.
Iwan Demjanjuk soll einer der letzten lebenden KZ-Aufseher
sein, der während des Zweiten Weltkriegs den planmäßigen
Mord an Millionen Juden und anderen Minderheiten ausführte.
Sollte es sich bei Demjanjuk tatsächlich um "Iwan,
den Schrecklichen" handeln, machte er sich der Beihilfe
an tausendfachem Mord schuldig. Eine Frage konnte bisher
aber nie eindeutig beantwortet werden: Ist Demjanjuk tatsächlich "Iwan,
der Schreckliche?"
Eine Untersuchung der Münchener Staatsanwaltschaft
macht dies immer wahrscheinlicher. Die Behörde untersuchte
einen SS-Dienstausweis und konnte diesen einer ersten Untersuchung
zufolge eindeutig Demjanjuk zuordnen. Ende Februar erging
der Haftbefehl. Demjanjuk lebt derzeit als Staaenloser mit
seiner Frau in den USA. Seinen Vornamen änderte er in
John. Das Ehepaar rechnet stündlich mit der Abschiebung.
Seit dem Ende des Weltkriegs hat Demjanjuk eine lange Odysse
hinter sich. Er arbeitete in Deutschland als Lastwagenfahrer,
bevor er 1952 in die USA auswanderte. Die schweren Vorwürfe
kamen Ende der 70er Jahre auf. 1986 lieferten die USA Demjanjuk
nach Israel aus, wo ihm der Prozess gemacht wurde. Auf Grundlage
von KGB-Akten wurde er 1988 zum Tode verurteilt. Fünf
Jahre später kam er wieder frei. Neue Zweifel an seiner
Identität machten dies erforderlich.
Sollte ihm mit der neuen Beweislage der Prozess in Deutschland
gemacht werden, erscheint eine Verurteilung als sehr wahrscheinlich.
Aber Demjanjuk und seine Familie kämpfen gegen eine
Auslieferung. Nach Angaben seines Sohnes leidet Demjanjuk
an einer Blut- und Knochenmarkkrankheit und benötigt
regelmäßig Infusionen. Seine Frau deutete im Gespräch
mit einer Reporterin des "Spiegel" an, Demjanjuk
leide an Demenz. Sein Anwalt bezeichnet ihn als "kranken,
alten Mann". Den Darstellungen zufolge würde der
Greis einen Prozess gesundheitlich nicht durchstehen.
Der Ausgang des Falls Demjanjuk erscheint offen. Bereits
in der Vergangenheit gelang es Verdächtigen vergleichbarer
Greueltaten mit Hinweis auf ihr Alter und Gesundheitsprobleme
einem Prozess zu entgehen. Für Aufsehen sorgte im Februar
der Fall Aribert Heim. Nachdem KZ-Arzt hatte Ermittler jahrzehntelang
gesucht. Der "Schlächter von Mauthausen" war
bereits im Jahr 1992 von der Öffentlichkeit unbemerkt
in Kairo gestorben.
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