05. Februar 2009
faz.net
  Kein Grab, keine Leiche
Von Michael Hanfeld
 
 

05. Februar 2009 Die Nachricht, dass Aribert Heim alias „Dr. Tod“, der weltweit meistgesuchte NS-Kriegsverbrecher, schon am 10. August 1992 in Kairo verstorben ist, schlägt international hohe Wellen. Efraim Zuroff, der Leiter des Simon-Wiesenthal-Zentrums, meldet Zweifel an der Recherche an. „Es gibt kein Grab, keine Leiche, es gibt keine DNA“, sagte er. Das Landeskriminalamt (LKA) Baden-Württemberg teilte mit, man könne den Tod von Aribert Heim noch nicht amtlich bestätigen, doch werde man versuchen, „Überreste des Leichnams zu finden“, um die Identität des Toten zweifelsfrei zu belegen.

Das LKA bestätigte zugleich, dass es Hinweise darauf gebe, dass Heim, der als Arzt 1941 im KZ Mauthausen Hunderte Häftlinge qualvoll ermordet hatte, 1992 in Kairo gestorben sei. Dem Vernehmen nach soll dazu eine eidesstattliche Erklärung eines Zeugen vorliegen. Das Wiesenthal-Zentrum hatte bis zuletzt vermutet, dass Heim, der heute 94 Jahre alt wäre, sich in dem chilenischen Ort Puerto Montt aufhalte, wo seine Tochter lebt. Wenn die Nachricht von seinem Tod wahr sei, sagte Efraim Zuroff, sei er „unbeschreiblich frustriert und enttäuscht, dass wir es nicht geschafft haben, ihn vor Gericht zu bringen“. Heims Sohn Rüdiger habe noch vor fünf Monaten gesagt, dass er keinen Kontakt zu seinem Vater habe. Entweder habe er damals gelogen, oder er lüge heute, so dass die deutsche Polizei in Erwägung ziehen solle, die Familie strafrechtlich wegen Fluchthilfe zu belangen.

Das Schweigen des Sohnes

Im Interview mit den Rechercheuren Souad Mekhennet und Elmar Theveßen im ZDF wird jedoch deutlich, warum der Sohn des KZ-Arztes so lange geschwiegen hat. Zunächst habe er den Letzten Willen seines Vaters respektiert. „Er wollte einfach nicht, dass ein deutscher Gerichtsmediziner an ihm herumschnippelt und ein Kommissar ein histologisches Präparat in die Kamera hält und sagt: ,That's him.'“ Später, so erzählt der Sohn, habe er sich zunehmend an den Rand der Gesellschaft gedrängt gefühlt. „Es entsteht ein Vakuum.“ Freunde hätten nicht mehr gewagt, den Kontakt zur Familie zu halten. Der stellvertretende ZDF-Chefredakteur Theveßen ist sich der Sache gewiss: „Wir sind uns anhand der Dokumentenlage und vieler Zeugenberichte, die wir haben, sicher, dass Aribert Heim über dreißig Jahre lang in Ägypten gelebt hat und dort auch gestorben ist.“ Man könne nur nicht belegen, wo er begraben sei.

Doch auch dazu könnte es Hinweise geben. Denn bei den Formalitäten nach Heims Tod soll nach den Aussagen zweier Zeugen auch ein deutscher Konsularvertreter zugegen gewesen sein. Folglich könnte es in den Akten der deutschen Botschaft in Kairo oder beim Auswärtigen Amt Hinweise auf den Tod eines Tarek Farid Hussein geben. Unter diesem Namen hatte Aribert Heim, der zum Islam übergetreten war, in Ägypten gelebt. Bei den Unterlagen könnte sich auch ein Hinweis auf den früheren deutschen Pass des Toten und auf „Ferdinand Heim“ finden - bevor Aribert Heim sein muslimisches Alias annahm, residierte er unter seinem zweiten Vornamen in Kairo. Und schließlich werden von der ägyptischen Verwaltung auch die Namen der in Armengräbern verscharrten Toten verzeichnet. Der letzten Gewissheit über den Tod des Aribert Heim, die Efraim Zuroff fehlt, ließe sich folglich auch ohne eine DNA-Spur ein weiteres Stück näher kommen.

In Israel hat die Nachricht vom Tod des Kriegsverbrechers bislang kein nachhaltiges Echo gefunden.

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