04.02.2009 spiegel.de
  ZDF berichtet von Tod des meistgesuchten NS-Verbrechers  
 

Jahrzehntelang spürten ihm Nazi-Jäger nach - jetzt haben ZDF und "New York Times" recherchiert, dass Aribert Heim schon seit mehr als 16 Jahren tot sein soll. Der "Schlächter von Mauthausen" ist dem Bericht zufolge 1992 an Krebs gestorben: in Kairo, als Muslim mit dem Namen Tarek Farid Hussein.

Frankfurt am Main - Er hieß "Dr. Tod" und "Schlächter von Mauthausen", jahrzehntelang war er der meistgesuchte NS-Verbrecher der Welt - jetzt gibt es neue Erkenntnisse über das Schicksal von Aribert Heim. Nach Informationen der "New York Times" und des ZDF ist der einstige KZ-Arzt seit mehr als 16 Jahren tot.

Er sei am 10. August 1992 in Kairo an Krebs gestorben, das hätten gemeinsame Recherchen ergeben, sagte der stellvertretende ZDF-Chefredakteur Elmar Theveßen am Mittwochabend. Heim hielt sich demnach nahezu 30 Jahre lang in der ägyptischen Hauptstadt vor den Ermittlern versteckt.

Aufgrund eines Haftbefehls des Landgerichts Baden-Baden ist Heim seit 1962 international zur Fahndung ausgeschrieben. Deutsche Zielfahnder hatten 2007 die Ermittlungen verstärkt, familiäre und freundschaftliche Kontakte des NS-Verbrechers in Österreich und Spanien ins Visier genommen. Für Hinweise setzten öffentliche Stellen und Privatleute eine hohe sechsstellige Summe als Belohnung aus. Das Simon-Wiesenthal-Zentrum vermutete Heim zuletzt in Südamerika.

Diese Spur hat sich laut ZDF und "New York Times" nun als falsch erwiesen. Heim habe zu seiner Tarnung Anfang der achtziger Jahre zum Islam konvertiert und seitdem den Namen Tarek Farid Hussein getragen. Man habe eine Aktentasche von Heim gefunden, in der sich mehr als hundert Dokumente befanden. Darunter seien die Kopie eines ägyptischen Passes, Anträge auf Aufenthaltsgenehmigungen, Kontoauszüge, persönliche Briefe und medizinische Unterlagen gewesen. Damit lasse sich zweifelsfrei nachweisen, dass Tarek Farid Hussein der gesuchte Nazi-Verbrecher war. Man habe von ägyptischen Behörden außerdem eine beglaubigte Zweitschrift der Sterbeurkunde erhalten.

Es habe schon 1967 einen Hinweis gegeben, dem zufolge Heim in Ägypten als Polizeiarzt gearbeitet habe. Eine Überprüfung durch dortige und deutsche Behörden sei aber ergebnislos verlaufen.

Die Recherchen würden von zahlreichen Zeugen gedeckt, berichtet das ZDF. Ein Sprecher des Landeskriminalamtes sagte dem Sender: "Die Recherchen von 'New York Times' und ZDF passen zu den jüngsten Erkenntnissen der Behörde. Die Informationen konnten jedoch noch nicht amtlich überprüft werden."

Auch Heims Sohn Rüdiger, der zurzeit in Baden-Baden wohne, hat dem Bericht zufolge bestätigt: "Ja, mein Vater hat in Kairo gelebt." Er habe ihn Mitte der siebziger Jahre erstmals dort besucht und auch nach einer Krebsoperation Anfang 1990 über mehrere Monate gepflegt. Er habe seinen Vater mit den Vorwürfen gegen ihn konfrontiert - doch dieser habe sie von sich gewiesen.

Ägyptische Freunde, Bekannte und auch der Arzt des NS-Verbrechers wussten laut ZDF nichts von dessen Vergangenheit. Heim habe gewünscht, dass sein Leichnam für medizinische Zwecke zur Verfügung gestellt werde. Da dies nach islamischem Recht verboten sei, sei Hussein alias Heim dann offenbar auf einem Armenfriedhof nahe der Kairoer Altstadt begraben worden. Weil die Grabstellen nach wenigen Jahren wieder freigegeben würden, sei die Chance gering, sterbliche Überreste zu finden.

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