04.09.2008 13:01:01

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  Keine Entscheidung über Prozess gegen ehemaligen SS-Mann  
 

Aachen (AP) Auch fünf Monate nach Erhebung der Mordanklage gegen einen ehemaligen SS-Mann ist eine Prozesseröffnung vor dem Aachener Landgericht noch nicht in Sicht. Wegen der komplexen Krankheitsgeschichte des Mannes stehe ein Gutachten über dessen Verhandlungsfähigkeit noch aus, sagte eine Gerichtssprecherin am Donnerstag und bestätigte damit einen «Bild»-Bericht.
Der Mann soll im Kriegsjahr 1944 als Mitglied eines SS-Kommandos in den Niederlanden drei Zivilisten erschossen haben. Die NS-Morde sollen bei einer Aktion unter dem Tarnnamen «Silbertanne» verübt worden sein, der insgesamt 54 Niederländer zum Opfer fielen.
Der «Bild» sagte der 86-Jährige nun, er habe gesundheitliche Probleme. Ihm sei immer schwindelig, auch das Laufen bereite ihm Schwierigkeiten. Sein Anwalt hat dem Bericht zufolge die Einstellung des Verfahrens beantragt. Für eine Stellungnahme war er zunächst nicht zu erreichen.
Nach Angaben der Gerichtssprecherin wäre eine Eröffnung des Mordprozesses frühestens Anfang nächsten Jahres denkbar. Derzeit gebe es Schwierigkeiten bei der Auswahl eines Sachverständigen.
Zwtl: In Abwesenheit zum Tode verurteilt
Die Anklage gegen den gebürtigen Niederländer war im April von der Dortmunder Zentralstelle zur Verfolgung von NS-Verbrechen in Nordrhein-Westfalen erhoben worden. Das Oberlandesgericht Köln hatte erst im Juli vergangenen Jahres entschieden, dass der 86-Jährige eine 1949 in Amsterdam verhängte Strafe nicht in Deutschland verbüßen muss. Er war damals in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden, später wurde das Urteil in eine lebenslange Haftstrafe umgewandelt.
Der Verurteilte, der 1947 nach Deutschland geflüchtet war, habe im Verfahren in den Niederlanden keinen Pflichtverteidiger und im Nachhinein auch keine effektiven Rechtsschutzmöglichkeiten gehabt, hieß es in der Begründung des Gerichts.
Nach dem Willen der Dortmunder Sonderstaatsanwaltschaft soll der Fall nun vor dem Aachener Landgericht neu verhandelt werden. Der 86-Jährige, der sich nach seiner Flucht eine bürgerliche Existenz in der Region Aachen aufgebaut hatte, lebt heute in einem Altenheim in Nordrhein-Westfalen.

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