15.07.2008

spiegel.de
  Nazi-Jäger sehen Hinweise auf Aribert Heims Aufenthaltsort  
 

Das Simon-Wiesenthal-Zentrum will dem meistgesuchten Nazi-Verbrecher auf die Spur gekommen sein: dem KZ-Arzt Aribert Heim, genannt "Dr. Tod". Der 94-Jährige soll in Chile oder Argentinien leben. Ausgangspunkt der Nazi-Jäger ist ein millionenschweres Bankkonto.

San Carlos- Seit vergangenem Mittwoch war Efraim Zuroff vor Ort. Er verfolgte die Fährte Aribert Heims dort, wo er den Nazi-Schlächter schon lange vermutete: in Südamerika. Der Leiter des Simon-Wiesenthal-Dokumentationszentrums sagte zum Abschluss seiner Reise, es gebe Hinweise, dass der heute 94-jährige frühere SS-Arzt in der Umgebung der chilenischen Stadt Puerto Montt oder dem 160 Kilometer entfernten San Carlos de Bariloche in Argentinien lebe.

Zuroff hatte nach Hinweisen auf den Österreicher Heim gesucht, der im KZ Mauthausen als "Dr. Tod" und "Schlächter von Mauthausen" berüchtigt war. Er traf dabei auch den Bürgermeister von San Carlos, Marcelo Gascon. Zuroff sagte, er sei davon überzeugt, dass es Menschen gebe, die wüssten, wo Heim sich aufhalte. "Eine Person in diesem Alter kann nicht auf sich alleine gestellt leben." Ein Hinweis darauf, dass Heim noch lebe, sei ein millionenschweres Bankkonto auf seinen Namen und andere Investitionen, die bisher niemand beansprucht habe. Um Ansprüche auf dieses Vermögen einzufordern, müsse ein Erbe einen Beweis vorlegen, dass Heim gestorben sei.

Ein Sprecher des zuständigen baden-württembergischen Landeskriminalamtes sagte, nach Heim werde weiter intensiv gefahndet. Der Aufenthaltsort sei unbekannt. "Falls er noch lebt, wissen wir nicht, wo er ist."

Heim soll 1941 als SS-Arzt im Konzentrationslager Mauthausen zahlreiche Häftlinge gefoltert und getötet haben. "Von allen Lagerärzten in Mauthausen war Heim der schrecklichste", sagte ein politischer Gefangener 1949. Die Aussage wird in einem österreichischen Haftbefehl für Heim zitiert. Er arbeitete nach dem Krieg als Arzt in Süddeutschland. Als 1962 Anklage gegen ihn erhoben wurde, tauchte er unter. In Puerto Montt lebte eine seiner Töchter seit den sechziger Jahren.

Demjanjuk laut Bericht im Visier Madrids

Auch in Spanien sind die Nazi-Greuel derzeit wieder großes Thema. Eine Gruppe ehemaliger spanischer KZ-Häftlinge strengt einen Prozess gegen vier der meistgesuchten Nazi-Kriegsverbrecher in Madrid an. Am Nationalen Gerichtshof in der spanischen Hauptstadt wurde nach Presseberichten vom Dienstag eine Klage wegen Völkermordes und Menschenrechtsverbrechen gegen vier frühere KZ-Aufseher eingereicht, die seit Jahren in den USA leben. Unter ihnen ist auch Iwan John Demjanjuk, der auf der Liste des Simon-Wiesenthal-Zentrums als Nummer zwei der zehn meistgesuchten Nazi-Kriegsverbrecher geführt wird.

Die Staatsanwaltschaft unterstützt das Anliegen. Da auch viele Spanier in den Konzentrationslagern ums Leben kamen, sei die spanische Justiz für den Fall zuständig. Das hohe Gericht muss nun in den kommenden Wochen entscheiden, ob es die Klage zulässt. Diese richtet sich auch gegen die mutmaßlichen NS-Kriegsverbrecher Anton Tittjung, Johann Leprich und Josias Kumpf. Eingereicht wurde die Klage von Überlebenden der Konzentrationslager Sachsenhausen, Flossenbürg und Mauthausen, in denen rund 5000 Spanier starben. Sie werden von einer spanischen Menschenrechtsgruppe unterstützt.

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