23. September 2006
Wiener Zeitung
 

KZ-Aufseherin als Jüdin getarnt

 
 


Wiesenthal-Zentrum fordert Gerichtsverfahren.

Berlin. (rm) Von 1959, als sie den aus Deutschland über Schanghai in die USA emigrierten deutschen Juden Fred Rinkel heiratete, lebte die heute 83-jährige ehemalige Ravensbrücker KZ-Aufseherin Elfriede Lina Rinkel, geborene Huth, getarnt in San Francisco. Gemeinsam mit ihrem im Jänner 2004 verstorbenen Mann widmete sie sich der Arbeit für jüdische Wohltätigkeitsvereine und erwarb sogar ein Doppelgrab auf dem jüdischen Friedhof von San Francisco, obwohl sie selbst nie zur jüdischen Religion übergetreten ist.
Vor wenigen Wochen haben die US-Behörden die wahre Identität der Frau, die nie um die amerikanische Staatsbürgerschaft angesucht hatte, herausbekommen. Rinkel bestritt auch gar nicht, vom Juni 1944 bis zur Befreiung des Frauenkonzentrationslagers Ende April 1945 Aufseherin in Ravensbrück gewesen zu sein. "Ich habe persönlich niemand getötet, es war mein Job", sagte sie den amerikanischen Polizeibehörden. Dokumente der US-Justizbehörden belegen, dass die Frau abgerichtete Hunde auf die Häftlinge hetzte.

Bei ihrer Einwanderung in die USA hatte Rinkel 1959 verschwiegen, dass sie als KZ-Aufseherin gearbeitet hatte. Jetzt widersetzte sie sich auch nicht einer Abschiebung nach Deutschland. Ihre Verwandten in den USA, unter ihnen ein Bruder, den sie hatte nachkommen lassen, fielen aus allen Wolken, als sie von der Vergangenheit Elfriede Rinkels erfuhren.

Der Chef des Jerusalemer Simon-Wiesenthal-Zentrums, Efraim Zuroff, fordert wegen Kriegsverbrechen ein Gerichtsverfahren gegen die Frau. Eine Sprecherin des Justizministeriums in Berlin sagte, die deutsche Bundesregierung sei noch nicht offiziell über die Ausweisung Rinkels informiert worden.

Sollte es einen Verdacht auf ein Verbrechen geben, würden aber Ermittlungen eingeleitet.

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